14 Fragen an Amartuvshin Enkhbat




Im Rahmen des von Mongolian Step organisierten Konzerts Classic meets Steppe am 20.10.2017 tritt auch der mongolische Opernsänger Amartuvshin Enkhbat auf und singt unter anderem Stücke aus Verdis Rigoletto. In der Rolle des Rigoletto tourt Enkhbat aktuell durch die Opernhäuser Europas.
Um unseren Gaststar vorzustellen, haben wir ihm ein paar Fragen zu seiner Karriere, seiner Musik und seiner Heimat – der Mongolei – gestellt.

Herr Enkhbat, so viele Menschen hören viel und gerne Musik. Überall sieht man die Leute mit Kopfhörern herumlaufen. Doch kaum jemand singt. Wie sind Sie vom Hören zum Singen gekommen?
Ich bin auf dem Land, ganz im Osten der Mongolei, aufgewachsen. Daher wusste ich kaum etwas über die Oper, ich habe nicht einmal eine Oper life gesehen. Aber ich habe schon seit meiner Kindheit gern und viel gesungen. Manchmal jammerte meine Mutter darüber, dass ich immer singe. Vor Publikum habe ich in der Grundschule bei einem Wettbewerb gesungen und das nur, weil meine Tante mich drohte, sie würde mich sonst aus der Schule schmeißen. Seitdem habe ich auf vielen verschiedenen Konzerten gesungen. Als ich in der zehnten Klasse war, habe ich bei einem Solo-Konzert an drei Tagen vor einem gefüllten Saal gesungen. Außerdem durfte ich an vielen Kinder-Gesangswettbewerb in der Hauptstadt Ulaanbaatar teilnehmen. Während dieser Zeit wurde ein großer Opernsänger der Mongolei auf mich aufmerksam und ich erhielt eine Einladung, an der Universität für Kunst und Kultur Gesang zu studieren. Dort wurde Frau Yruu Tserenpil meine Gesangslehrerin und das war der Anfang von meiner Karriere als Opernsänger.

Was vermissen Sie an Ihrer Heimat, wenn Sie auf Tournee sind?
Ich habe gelesen, dass manche Sänger ihre Heimat vermissen, wenn sie auf Tournee sind. Ich für meinen Teil konzentriere mich ganz auf meinen Gesang, auf die Rolle und den Auftritt. Vor den Auftritten gibt es Proben und ich arbeite viel für meine Rollen. So habe ich keine Zeit irgendetwas zu vermissen. Aber nach einer Tournee bekomme ich irgendwie so ein Gefühl des Stolzes, stolz als Mongole geboren zu sein. Und ich kann es kaum erwarten wieder in meine Heimat zu kommen, meine Familie wieder zu sehen und natürlich mongolisch zu essen.

Was haben Sie mitgenommen von Ihren Auftritten im Ausland – welche Souvenirs, welche Erfahrungen?
Ich sammle meistens kleine Souvenirs wie Magneten von der Stadt oder von dem Theater in dem ich gerade aufgetreten bin. Egal ob Gesangswettbewerb oder Auftritt, ich lerne jedes Mal etwas Neues. Man muss fleißig sein, unglaublich viel arbeiten, um auf den namhaften Bühnen singen zu dürfen. Dementsprechend wächst man beruflich und menschlich und wird erfahrener.

Welche Musik macht Ihnen gute Laune?
Ich höre jeden Tag Opernmusik. Manchmal höre ich auch traditionelle mongolische Musik, wie den Long Song und den Obertongesang. Das ist sehr entspannend.

Sie haben den Publikumspreis des Cardiff Singer of the World Wettbewerb gewonnen. Was hat sich seit dem Gewinn des Preises für Sie geändert?
Das ist eine große und international renommierte Competition, die seit 1983 alle zwei Jahre stattfindet. Für den Gewinner ist es sicherlich gut. Aber meine Karriere wurde durch den berühmten Opernwettbewerb Operelia, welcher von Star-Tenor Placido Domingo gegründet wurde, erheblich beeinflusst. Placido Domingo selbst nennt den Wettbewerb “die olympischen Spiele für Sänger”. 

Wie war das Treffen mit Placido Domingo, was hat er zu Ihnen gesagt?
Sehr beeindruckend! Er hat mir empfohlen: “Seien Sie weltoffen! Lernen Sie fleißig Sprachen.“

Was fasziniert Sie an der Figur des Rigoletto, den Sie aktuell auf verschiedenen bekannten Bühnen darstellen?
Man kann fast sagen, Rigoletto ist die größte und schwierigste Rolle für einen Bariton, die Verdi geschrieben hat. Die Anforderung ist technisch und künstlerisch gelichermaßen hoch.

Gab es etwas, dass Ihnen geholfen hat, sich in die Rolle zu versetzen?
Mit dreißig Jahren die Rolle eines Vaters, der viel erlebt hat, zu singen, ist nicht einfach. Dazu ist die Figur körperlich beeinträchtigt. Ich versuche stets mich seelisch und geistig auf die Rolle vorzubereiten.           
                     
Opernmusik ist in den letzten Jahren wieder populärer geworden, Opernstars treten in Fußballstadien auf und finden sich in den Charts wieder, in Talentshows gesungene Arien rühren Millionen Menschen zu Tränen und die Bayreuther Festspiele werden per Public Viewing übertragen. Kann man von einer Renaissance der Oper sprechen?
Viele wunderbare Opern haben in ihrer Zeit viel Kritik geerntet und wurden vom Publikum mit Buh-Rufen abgestraft. Aber all diese Schwierigkeiten haben sie mit der Zeit überwunden und gelten heute als Klassik. Wenn man diese Reichweite sieht, kann man von einer Renaissance der Oper sprechen.    

Wo sehen Sie die Zukunft der Oper?
Die Oper wird niemals verschwinden. Ich beobachte, dass sich die Oper aktuell in Asien sehr stark entwickelt.

Welches ist Ihre Traumrolle als Bariton und an welchem Ort würden Sie diese gerne darstellen?
Es gibt kein Limit für Träume. Daher bin ich offen für alle Rollen, die ich singen kann, auf den berühmtesten Bühnen der Welt.

Gibt es eine Rolle, die Sie nicht annehmen würden?
Don Giovanni von Mozart und Escamillo von Bizets Carmen oder Eugene Onegin liegen mir stimmlich und dramaturgisch nicht unbedingt nah.

Was machen Sie in den letzten Minuten vor einem Auftritt?
Ich konzentriere mich ganz auf meine Rolle.

Mussten Sie Opfer für Ihre Karriere bringen?
Weit weg von meiner Heimat unterwegs zu sein, ist nicht einfach.

Vielen Dank!

Internationales Aufsehen erregte der junge mongolische Bariton Amartuvshin Enkhbat im Jahr 2015, als er in Cardiff, beim Internationalen Gesangswettbewerb des BBC, mit dem Dame-Joan-Sutherland-Publikumspreis ausgezeichnet wurde.
Enkhbat schloss 2009 erfolgreich sein Gesangsstudium an der Hochschule von Ulaanbaatar ab. Bereits seit 2008 trat er als Solist des Staatlichen Opernhauses der Mongolei auf. Er gewann zahlreiche Preise bei nationalen und internationalen Gesangswettbewerben, so bei der Mongolian National Competition for Young Opera Singers (2009, 2. Preis), beim internationalen Opernwettbewerb BAIKAL in Ulan-Ude, Russland (2011, 1. Preis), beim XIV. Tschaikowski-Wettbewerb in St. Petersburg (2011, 2. Preis und Publikumspreis) und beim Operalia-Wettbewerb in Beijing, China (2012, 1. Preis).

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